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Nachhaltige Teamworkshops am „Campus Wald“

Als Waldpädagogin ist es mir wichtig, nachhaltige Teamworkshops so zu gestalten, dass den Teilnehmern auch die faszinierenden Geheimnisse des Waldes vermittelt werden. Diese sorgen nicht nur für Wow-Effekte, sie vertiefen auch das Verständnis der Teilnehmer für das  komplexe Ökosystem des Waldes und tragen zur Entwicklung eines nachhaltigen Bewusstseins bei. Blickwinkel ändern sich und lassen beim Team oftmals den Ehrgeiz entstehen, für das eigene Unternehmen die beste aller nachhaltigen Problemlösungen zu finden. Einige Beispiele für diskussionsanregende biologische Zusammenhänge aus meinen Workshops möchte ich hier vorstellen.

Vorbild für nachhaltige Teamworkshops: Das Mykorrhiza-Netzwerk

Eine faszinierende Welt verbirgt sich da im Waldboden, in dem sich Mykorrhizapilze über ihr unterirdisches Myzel mit den Wurzeln der Bäume verbinden. Eine echte Symbiose, denn die Pilze versorgen sich über dieses feine Netzwerk mit Zucker aus der Photosynthese der Bäume. Der Baum wiederum bezieht aus dem unterirdischen Netz wichtige Mineralstoffe, Wasser und Stickstoff. Auch speichern die Pilze schädliche Schwermetalle wie Blei und entlasten so den Organismus der Bäume.

Pilz im Moos

Doch das Mykorrhiza der Pilze leistet noch mehr: Es bildet sein feines Netzwerk sogar zwischen den Wurzeln benachbarter Bäume und ermöglicht ihnen den Austausch von lebensnotwendigem Kohlenstoff. So können bis zu 40 % des Kohlenstoffes eines Baumes aus der Photosynthese von benachbarten Bäumen stammen, die ihren Kohlenstoffüberschuss zur Verfügung stellen. Das konnte ein Schweizer Forschungsteam in einer Studie nachweisen.

Mykorrhiza, unterirdisches Netzwerk von Pilzen, Gegenstand von nachhaltigen Teamworkshops

Es ist eine fantastische Kooperation von Pflanzen, die auf den ersten Blick um Licht und Nährstoffe konkurrieren müssten. Ein bisschen erinnert dieses natürliche Netzwerk an ein Stromnetz, in das überschüssiger Strom aus Photovoltaik-Anlagen eingespeist und an anderer Stelle genutzt werden kann. In nachhaltigen Teamworkshops kann diskutiert werden, durch welche Kooperationen und Prozesse das eigene Unternehmen Ressourcen ökologisch sinnvoll teilen und austauschen kann.

 

Zecken bekämpfen: Den richtigen Hebel ansetzen

Zecken sind zu Recht gefürchtet, da sie ernsthafte Krankheiten wie Meningitis und Borreliose übertragen. Zusätzlich begünstigt der Klimawandel die Zuwanderung neuer Zeckenarten aus dem Süden Europas nach Norden. Warum jedoch gibt es in manchen Gebieten sehr viele, in anderen sehr wenige Zecken? Diese Frage beschäftigt alle Forscher, die nach Mitteln zur Bekämpfung von Zecken suchen.

Ameisenhaufen zwischen Bäumen im Wald

Hier kommen die emsigen Waldameisen ins Spiel. Eine Studie der Berner Fachhochschule konnte einen spannenden und wichtigen Zusammenhang nachweisen: In 130 Stichprobengebieten wurde neben der Anzahl roter Waldameisen auch die Anzahl der Zecken erfasst. Die Forscher stellten fest, dass die Zecken-Population in Waldgebieten mit vielen Ameisen deutlich kleiner war. Dafür kann es verschiedene Erklärungen geben. Beispielsweise mag das räuberische Verhalten der Ameisen die Eier und Larven der Zecken reduzieren. Auch die Ameisensäure, die um das Nest herum verteilt wird, könnte Zecken schaden und abschrecken. Weitere Forschungen sollen darauf noch Antworten geben. In ökologisch intakten Gebieten mit guten Voraussetzungen für Waldameisen besteht jedenfalls eine höhere Chance, die Verbreitung von Zecken einzudämmen.

Dies ist nur ein Beispiel von vielen, das den Wert intakter Lebensräume belegt. In Teamworkshops zum Thema „Nachhaltigkeit im Unternehmen“ könnte es zu Überlegungen kommen wie etwa: Welchen konkreten Beitrag kann ein Unternehmen leisten, um biologisch intakte Flächen zu schonen oder sogar zu schaffen? Wo bestehen Handlungsspielräume? Welche aktuellen Planungen können beeinflusst werden? Bei welchen Problemstellungen könnten auch ökologische Lösungen in Betracht kommen?

Der biologische Kreislauf: So funktioniert Zero Waste

Der biologische Kreislauf im Ökosystem Wald erklärt in perfekter Weise das Zero Waste-Konzept. Der Kreislauf beginnt mit organischem Material wie Blätter und Zweige, die auf den Waldboden fallen. Mikroorganismen, Pilze und Bodenlebewesen zersetzen dieses Material und verwandeln es in Humus – eine besonders nährstoffreiche Bodenschicht. Damit ist Humus ein entscheidender Bestandteil des Zero-Waste-Konzepts Wald, da er organische Abfälle recycelt und in den Boden zurückführt, statt sie ungenutzt zu entsorgen.

Am Boden liegender Baumstamm, mit Moos bewachsen

Das Tempo der Umwandlung hängt vom Material ab und kann auch längere Zeit beanspruchen. Selbst das hat seinen Sinn: Totholz beispielsweise dient bis zu seiner völligen Zersetzung als Unterschlupf und Nistplatz für zahlreiche Tierarten, darunter viele Insekten. Auch die Tiere selbst helfen bei der Zersetzung von organischem Material. Ihre Ausscheidungen tragen als natürlicher Dünger zur Nährstoffdichte des Bodens bei. So entsteht ein komplexes Kreislaufsystem, in dem es keinen Abfall gibt. Jegliche Materie verbleibt durch Transformationsprozesse im Kreislauf.

Die Parallelen zum Thema Kreislauf in der Wirtschaft sind eindeutig zu erkennen. Wie können die Produkte und Prozesse des Unternehmens so konzipiert werden, dass sie diesem Ideal näherkommen? Welche Entscheidungen beeinflussen bereits in der Konzeption den langfristigen Verbleib eines Produktes im Kreislauf oder seine schonende Wiederverwertung?

Der Campus Wald bietet uns viele Vorbilder für ganzheitliches und nachhaltiges Handeln. Nachhaltige Teamworkshops in dieser erlebnisreichen Umgebung können die Teilnehmer inspirieren und motivieren. Es geht darum, auch ungewöhnliche Lösungen in Betracht zu ziehen und häufiger „um die Ecke“ zu denken. Denn davon profitiert nicht nur die Umwelt, sondern langfristig auch jedes zukunftsorientierte Unternehmen.

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